Handlungsfelder: Alle Chancen nutzen

Durch die Verknüpfung unterschiedlicher Handlungsansätze eröffnet die Energetische Stadtsanierung vielfältige Möglichkeiten weitere Ziele der integrierten Stadtentwicklung voranzubringen. So können Maßnahmen zur energieeffizienten Sanierung des Gebäudebestands mit solchen klimagerechter Mobilität sowie Grün- und Freiraumentwicklung zusammengedacht werden. Im Sinne einer „Kultur der Energetischen Stadtsanierung“ sollen integrierte und ganzheitliche Strategien zum Standard einer nachhaltigen Stadt- und Regionalentwicklung für eine zukunftsfähige Entwicklung von Quartieren und klimabewusstem Verbrauchsverhalten werden.

Energetische Sanierung des Gebäudebestandes
Wohngebäude, Gemeinbedarfseinrichtungen, Gewerbeobjekte: Das größte CO2-Minderungspotenzial im Rahmen der Energetischen Stadtsanierung liegt darin, den Energieverbrauch für Raumwärme im Gebäudebereich zu reduzieren. Auf sie entfielen 2016 in privaten Haushalten 71 % des Endenergieverbrauchs. Der Wert liegt damit weit vor Warmwasser (14 %), Strom und mechanischer Energie (8 %), sonstiger Prozesswärme (6 %) und Beleuchtung (2 %). Die energetische Sanierung des Gebäudebestands ist allerdings nicht nur unter Klimaschutzaspekten, sondern auch angesichts steigender Energiepreise und damit höherer Energiekosten wichtig für eine langfristig sozialverträgliche Wohnraumversorgung. Energetische Quartierskonzepte zeigen Energieeinsparpotenziale sowie Grundlagen und Maßnahmen für eine strategische Zielformulierung. So können für jedes Quartier individuell passende Sanierungskonzepte und -fahrpläne ausgearbeitet werden. Überdies helfen sie, Finanzierungsmodelle und Umsetzungsstrategien für unterschiedliche Gebäudetypen zu entwickeln. Bereits während der Konzeptentwicklung ist es sinnvoll und empfehlenswert, Kooperationsformen und Strategien der Ansprache aufzubauen. So können relevante Akteure, von privaten Gebäudeeigentümern über institutionelle und kommunale Eigentümer hin zur organisierten Wohnungswirtschaft, frühzeitig in den Prozess integriert werden.
Energieeffiziente Wärmeversorgung
Die Wärmeversorgung gebäudeübergreifend und quartiersbezogen zu betrachten, ist das Alleinstellungsmerkmal der energetischen Stadtsanierung. Die energetischen Quartierskonzepte bieten die Chance, die technische Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit unterschiedlicher – auch neuer und komplexer – Lösungsansätze eingehend zu prüfen und die für die Umsetzung erforderlichen Akteure zusammenzubringen. Es können Strategien zur Modernisierung und zum Ausbau vorhandener Nah- und Fernwärmenetze entwickelt werden. Sie reichen von der Umstellung auf Niedertemperatursysteme bis zur (perspektivischen) Einbindung neuer Wärmequellen wie Solarthermie, Wärmepumpen, Geothermie oder auch Abwärme. Auch neue Ansätze für Wärmeverbünde und entsprechende Betreibermodelle können Gegenstand der Quartierskonzepte sein. Essenziell ist die enge Abstimmung der Wärmeversorgungsstrategie mit den notwendigen Maßnahmen zur energetischen Sanierung der zu versorgenden Gebäudehülle. Perspektivisch werden Quartierskonzepte als lokale Bausteine einer gesamtkommunalen Wärme- und Energieversorgungsstrategie eine zunehmend bedeutende Rolle spielen.
Klimagerechte Mobilität
Mit einem Anteil von circa 19 % gehört der Verkehr zu den großen Verursachern von energiebedingten Treibhausgasemissionen in Deutschland. Der erforderliche Wandel von Mobilitätsstrukturen und -verhalten hin zu einer klimagerechten Mobilität setzt deswegen auch auf der Quartiersebene an. Ein zentraler Handlungsansatz ist es, den Umweltverbund zu stärken. Quartierskonzepte können aufzeigen, wie die Rahmenbedingungen für den Radverkehr verbessert oder Carsharing-Konzepte etabliert werden können. Ein weiterer Schwerpunkt ist der quartiersbezogene Ausbau der Infrastruktur für E-Mobilität. Durch das Thema „Sektorkopplung" gewinnt dies zusätzlich an Bedeutung. Um Maßnahmen zur klimagerechten Mobilität umzusetzen, erweisen sich die Anschubfunktion und Koordinationsleistung eines Sanierungsmanagements als besonders wichtig.
Förderung klimabewussten Verbrauchsverhaltens
Mit klimabewusstem Verbrauchsverhalten rücken „weiche“ Maßnahmen in den Fokus. Es geht um Information, Kommunikation, Motivation, Koordination und Service. Die Potenziale für Energieeinsparungen sind hoch. Wenn Bewohner ihr Verhalten ändern, kann viel Energie eingespart werden. Wenn öffentliche Infrastruktur bedarfsgerechter optimiert wird, kann konkret CO₂ eingespart werden. Nur so können die errechneten Werte im energetisch sanierten Gebäude bzw. im Quartier tatsächlich erreicht werden. Mit einem veränderten Bewusstsein kann darüber hinaus auch der Stromverbrauch reduziert werden. Um Mitwirkungsbereitschaft bei Bewohnern, privaten Eigentümern, Gewerbetreibenden und anderen Akteuren im Stadtteil zu wecken, spielt eine qualifizierte Öffentlichkeitsarbeit eine wichtige Rolle. Mit dem Quartierskonzept sollten deswegen auch passende Maßnahmen wie z. B. Kampagnen zur zielgruppenspezifischen Information und Beratung entwickelt werden, durch die das individuelle Verantwortungsbewusstsein geschärft wird.
Energieeffiziente Stromnutzung
Die Strompreise sind in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Potenziale zu heben, um Strom im Quartier einzusparen, ist in zweifacher Weise sinnvoll: einerseits um CO₂ -Emissionen zu reduzieren, andererseits auch aus Kostengründen. Allerdings spielt das Handlungsfeld im Vergleich zu anderen bislang eine eher untergeordnete Rolle. Im Rahmen von energetischen Quartierskonzepten geht es zumeist um Einsparmöglichkeiten bei kommunalen Gebäuden und/oder Infrastruktur, etwa durch Sanierung der Straßenbeleuchtung. In einigen Projekten werden intelligente Netze und Konzepte zur Gestaltung von „Smart Homes“ beziehungsweise einer „Smart City“ erprobt. Für die Verknüpfung stellt sich das Quartier dabei als besonders geeignete Handlungsebene dar.
Einsatz erneuerbarer Energien
In fast jedem Quartier ergeben sich Möglichkeiten, erneuerbare Energien zu gewinnen oder von außen zuzuführen und so die Strom- und Wärmeerzeugung anteilig zu unterstützen. Dabei kommt das komplette Spektrum von Solarenergie über Bio- und Windenergie bis hin zur Geothermie in Betracht. Mit den energetischen Quartierskonzepten sollen entsprechende Potenziale aufgezeigt werden. Im Bereich Wärme sind dabei die Wechselwirkungen zwischen vorhandenen, oft zentralen und geplanten, vielfach dezentralen Wärmeversorgungssystemen zu berücksichtigen. Zugleich gilt es, Strategien zu entwickeln, mit denen regenerative Energieerzeugung gefördert und wirtschaftlich umgesetzt werden kann. Vor allem neue Trägerformen wie lokale Energiegenossenschaften spielen dabei eine zentrale Rolle. Um erneuerbare Energien möglichst effizient zu produzieren und zu nutzen, sind Kooperationen zwischen den lokal aktiven Energieunternehmen und Eigentümern beziehungsweise Immobilienunternehmen hilfreich. Contracting-Modelle sind eine weitere Lösung.
Einbettung in die nachhaltige Stadt- und Regionalentwicklung
Den energetischen Umbau in die laufenden Prozesse der Quartierserneuerung einzubetten, ist grundlegend, um die Energetische Stadtsanierung zur „Normalität“ werden zu lassen. Auf Wohnungsebene gibt es bereits zahlreiche Beispiele, wie altersgerechtes Wohnen, Barrierefreiheit oder auch Aspekte der Familienfreundlichkeit mit energetischer Sanierung verknüpft werden können. Quartiersübergreifend bieten soziale Infrastruktur, Nahversorgung, ÖPNV-Anbindung, Baukultur oder die Aufwertung öffentlicher Räume Ansätze, die im Rahmen der Sanierung einen Mehrwert erfahren können. Auch beim Umgang mit den Folgen des Klimawandels bieten sich Möglichkeiten zur Einbettung. So lassen sich Lösungen zur Klimafolgenanpassung durch ein Verweben von Konzepten zur nachhaltigen Innen- oder Grün- und Freiflächenentwicklung sowie zum Umbau der Abwasserinfrastruktur mit Aspekten der Energetischen Stadtsanierung besser erreichen. Auch Fragestellungen zur Resilienz lassen sich im energetisch sanierten Quartier leichter beantworten. Bereits vielfach mit Erfolg erprobt ist es, die Konzeptgebiete in die Gebietskulissen der Städtebauförderung einzubetten. Bestehende Kooperationsstrukturen können dann sowohl bei der Entwicklung der Quartierskonzepte als auch im Rahmen des Sanierungsmanagements unterstützend wirken. In den Städtebaufördergebieten kann die energetische Sanierung zudem oft auf laufende Maßnahmen aufsatteln und bereits existierende Schwerpunkte der Stadtteilentwicklung zielführend ergänzen.